Jägeralltag in der Zukunft
Es ist 04.30 Uhr, als der Alarm ausgelöst wird. Die Wildkamera an der automatischen Fütterung nahe der ehemaligen Wallhecke hat eine Bewegung erkannt. Schnell prüfe ich die online übertragenen Livebilder der Kamera. Ein Bock wurde erkannt und entsprechend meiner voreingestellten Kriterien als alarmwürdig eingestuft. Während ich mir die Übertragung anschaue, prüft die Gesichtserkennungssoftware im Hintergrund, ob es sich tatsächlich um den vorher bereits digital erfassten Rehbock handelt.
Wenige Sekunden später grünes Licht der Ansprechapp! Körperbau, Gehörnform und Ausdruck passen. Die biometrischen Daten lassen keinen Zweifel zu. Exakt 2,5 Jahre alt und 18 kg Lebendgewicht. Es ist der gesuchte, welchen wir im Revier unter dem Namen Alpha 13 gespeichert haben. Nun heißt es schnell sein, aber auch nichts überstürzen.
Die Wetterapp, kombiniert mit meiner Navigation, errechnet den besten Weg, um unbemerkt zur gemeldeten Stelle zu gelangen. Zum Glück kann ich mit meinem E-Geländewagen fast geräuschlos bis zum vorgeschlagenen Hochsitz fahren. Das spart nicht nur Mühe, sondern auch wertvolle Zeit. Aufgebaumt habe ich kaum Gelegenheit, den Sonnenaufgang zu genießen, denn Wild wechselt auf die Lichtung. Ein Blick durchs Fernglas bestätigt meine Vermutung: Es ist ein Reh.
Jetzt nur keinen Fehler machen beim Abgleich der Daten. Ermittelte Entfernung, Seitenwind, Winkel, elektronische Haltepunktkorrektur passen. Es fehlt nur noch die Bestätigung der Erkennungssoftware. Erst als der Wildkörper komplett zu sehen ist, erhalte ich im Display meines Zielfernrohrs die Meldung: Alpha 13 ist bestätigt. Noch einmal tief durchatmen und mein Zeigefinger liegt ruhig am Fingerabdruckscanner des Abzugs. Noch im Knall bemerke ich, dass ich ein wenig gemuckt habe und wohl ein wenig hoch abgekommen bin.
Erstmal wieder runterkommen und die vom Zielfernrohr aufgezeichnete Videosequenz prüfen. Es war ein Hochschuss, aber man erkennt in Zeitlupe und vergrößert dargestellt ein deutliches Zeichnen und anschließendes Abspringen nach rechts. Es gilt, ein wenig abzuwarten, bevor ich meine Wärmebilddrohne zur Anschusskontrolle schicke. Beste Gelegenheit, um meinen Erfolg zu teilen. Die Reaktionen auf das hochgeladene Video lassen nicht lange auf sich warten. Waihei und lustige Emojis trudeln als Kommentar nacheinander auf Instagram, Facebook und Youtube ein und geben mir die Bestätigung, alles richtig gemacht zu haben.
Auch die mittlerweile gestartete Drohne zeigt den Jagderfolg. Die Wärmesignatur von Alpha 13 ist klar zu erkennen und er ist verendet. Ich baume ab und folge der Wegbeschreibung meiner Navigation nur wenige hundert Meter. Schnell mache ich noch ein paar Bilder, um eine Erinnerung zu behalten. Eigentlich schade, dass man das Gehörn als Trophäe nicht mehr schätzt, es hätte als Dekoration der Jagdhütte ja etwas Charmantes, aber die Fotos genügen ja schließlich auch. Beim Wildverarbeitungsbetrieb angekommen, gebe ich meine Bestellung ab. Bratwürste, Rehrücken und Gulasch hätte ich gern. Was für ein toller Tag!
Ist dies wirklich unsere Zukunft? Ist es so, wie wir es uns wünschen? Vielleicht ist es ein wenig überspitzt, aber weit von der Realität entfernt ist es vermutlich nicht.
WIR würden uns wünschen, dass wir auch in Zukunft die Jagd noch als Handwerk ansehen. WIR würden uns wünschen, auch morgen noch all unsere Sinne benutzen zu müssen, um Jagd erleben zu können. Dies bedeutet nicht, sich jeglicher Technik zu verschließen, sondern mit Verstand, Gefühl und Augenmaß zu handeln.
Waidmannheil
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Christian Weigert (Samstag, 13 April 2024 07:44)
Waidmannsheil,
Ich sehe manche technische Neuerung, richtig angewendet als Segen, allerdings kann der Schuss ordentlich nach hinten losgehen.
Problematisch finde ich allerdings dass seit Aufkommen der ASP nahezu ein Feldzug gegen das Schwarzwild eingeleitet wurde und andere wichtige Facetten wie Revierpflege und vor allem Hege oft stark vernachlässigt werden. Besonders bei Jungjägern finde ich das sehr auffällig.
Jagd ist wenn man sie vernünftig ausübt Handwerk und wer das betreibt entzieht so Nabu und Co das Spielfeld