Fakten zum Wolf Teil 1

Fakten zum Wolf
Vor jeder Diskussion sollte man sich zunächst mit dem nötigen Hintergrundwissen versorgen, um nicht einfach etwas herauszuposaunen oder nachzuplappern. Dies sind wir auch dem größten gegenwärtig noch lebenden Raubtier aus der Familie der Hunde schuldig.

Der letzte Wolf

Der letzte Wolf in Deutschland

Wir reden über Canis lupus, den Wolf.

Durch intensive Verfolgung sank die Zahl der Wölfe im 19. Jahrhundert deutlich. Die Angaben, wann der „letzte“ Wolf in Deutschland erlegt wurde, sind nicht eindeutig. Anzunehmen ist jedoch, dass die Jagd auf den letzten Wolf in Deutschland mit Beginn des 20. Jahrhunderts endete. In weiten Teilen West- und Mitteleuropas war der Wolf zur Jahrhundertwende verschwunden. Zu beachten ist, dass trotz gegenteiliger Meinung der Grauhund damit nicht ausgerottet war, sondern lediglich noch in Teilen Europas seine Fährten zog. Ein kleiner, aber feiner Unterschied!

 Mit allen Mitteln verfolgt wurde der Wolf vor allem, weil mittelgroße bis große Huftiere zu seiner Hauptbeute gehören. Kein Wunder also, dass mit zunehmender Weidewirtschaft intensive Jagd auf den Räuber mit der weltweit größten Verbreitung gemacht wurde.


Wolf ein Nahrungsgeneralist

Der Wolf ist ein Nahrungsgeneralist

Da der Wolf ein Nahrungsgeneralist ist, sind es aber nicht nur Weidetiere, die erbeutet werden. Abhängig vom Wildvorkommen stehen Wildschweine, Rehe und Rotwild auf der Speisekarte. Abhängig vom Setz- bzw. Frischtermin variiert das Beutespektrum des Wolfes. Im Frühjahr überwiegt das Schwarzwild, im Sommer das Rotwild als Beute. Rehe werden ganzjährig erbeutet. Wo Gams und Steinbock vorkommen, sind auch diese ebenso wenig sicher wie Fuchs, Nutria und Marderhund, wobei letztere jedoch nur einen äußerst geringen Anteil haben. Das Mufflon braucht sich in Wolfsgebieten nicht mehr zu fürchten, da es dort praktisch komplett gerissen und gefressen wurde. Mit zunehmender Anzahl und schwindender Furcht vor menschlichen Behausungen geraten auch Haushunde, Stalltiere und Müllkippen ins Visier des Wolfes. Der Riss von Jagdhunden resultiert meist aus einem Territorialverhalten, weniger aus einem Beutetrieb heraus. Solche Vorkommnisse schüren Ängste und sorgen bei den Betroffenen für Unverständnis in Bezug auf die Wolfspolitik.


Beutespektrum vom Wolf

Wölfe und ihre Beute

Was zum Beutespektrum gehört, wissen wir nun, aber haben wir überhaupt eine Vorstellung davon, wieviel Beute ein Wolf benötigt, um zu überleben?

Wölfe können zwar tagelang hungern, aber auch sehr große Portionen an einem Stück verschlingen. Experten gehen mehrheitlich davon aus, dass ein ausgewachsener Grauer bis zu 10 kg Fleisch aufnehmen kann. Wir teilen diese Einschätzung, gehen aber davon aus, dass sich ein derart vollgefressener Wolf nur noch zum Wasserschöpfen bewegen wird. Die Mindestmenge an benötigtem Fleisch liegt bei ca. 2,5 kg täglich. Gehen wir von einem realistischen Mittelwert aus, so liegen wir mit ca. 4-5 kg Fleischbedarf pro Tag sicher nicht falsch. Das Problem ist, dass es in der freien Natur keine portionierte Beute in entsprechender Menge gibt. Beim Riss von kleineren Beutetieren genügt eine kleinere Beutezahl, um den Bedarf zu decken, während es beim Riss zum Beispiel von Rotwild um ganz andere Zahlen geht. Dies ist zur Schätzung gerissener Stücke ein entscheidender Unterschied. Zur Veranschaulichung: Wird zum Beispiel ein Alttier gerissen, kann nicht die ganze Menge direkt vom Wolf gefressen werden. Reste davon stehen nun auch anderen Aasfressern zur Verfügung. Der „Verlust“ bzw. die verwertete Fleischmenge stehen also in keinem Verhältnis zum Bedarf.

Wer nur Kilogrammangaben benutzt, um Risse zu schätzen, ist auf dem Holzweg.


Wieviel Wild reißt denn nun ein ausgewachsener Wolf?

Der Wolf auf der Jagd

Wieviel Wild reißt denn nun ein ausgewachsener Wolf?

Wie bereits beschrieben, lassen sich diese Zahlen nicht verallgemeinern und auf jedes Habitat übertragen, aber natürlich gibt es anhand von Losungsuntersuchungen Schätzungen.

Nehmen wir ein Revier mit dem Vorkommen von Reh-, Rot- und Schwarzwild in Deutschland. Man kann in diesem Fall davon ausgehen, dass sich die Beute grob aus 50% Reh-, 20% Rot-, 20% Schwarzwild und 10% sonstige Beutetiere ergibt. Anders als beim Rehwild sind es beim Rot- und Schwarzwild eher die Kälber und Frischlinge, welche gerissen werden. Beziehen wir die Gewichte des Jungwildes und den Verlust von nicht genutzter Beute mit ein, so kommen wir auf folgende Schätzung: 65 Stück Rehwild, 10 Stück Rotwild, 15 Stück Schwarzwild pro Wolf pro Jahr!

Bevor man bei diesen Zahlen Schnappatmung bekommt, muss man die Größe des Streif- und Jagdgebietes des Rudeltieres Wolf mit in die Berechnung einbeziehen. Abhängig vom Beuteangebot variiert die Größe des Territoriums eines Wolfsrudels stark. Reviere mit hoher Wilddichte sind entsprechend kleiner als Territorien mit geringer Beutedichte. Im Schnitt kann man in Deutschland von einer Reviergröße von 100-300 qkm pro Rudel ausgehen. Umgerechnet in Hektar sind es also 10.000 – 30.000 ha.


Der Wolfswelpe

Ein Wolfswelpe in freier Natur

Natürlich benötigt ein heranwachsender Wolfswelpe weniger Beute, in etwa die Hälfte von der seiner Elterntiere. Basierend auf den oben beschriebenen Berechnungen mal ein Beispiel: Lebt in einem Territorium von 20.000 ha ein gemischtes fünfköpfiges Rudel, so können wir von einer benötigten Beute in Höhe von ca. 260 Stück Reh-, 40 Stück Rot- und 60 Stück Schwarzwild ausgehen. Um es noch transparenter zu machen, nehmen wir ein Hochwildrevier in der Größe von 1000ha. In diesem Fall wäre ein jährlicher Riss in Höhe von 18 Stück Reh-, 2 Stück Rot- und 3 Stück Schwarzwild eine realistische Einschätzung.

 All diese Zahlenbeispiele sind natürlich nur als Anhaltswerte zu betrachten, denn es gibt zu viele unterschiedliche Faktoren, einige wurden im Artikel genannt, um ein allgemeines Resümee zu ziehen.

 

Nichtsdestotrotz sollten wir wissen, worüber wir reden, wenn wir öffentlich dazu aufgefordert werden, Stellung zu beziehen.


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