Jagdblatt Juli 2022 (Ausgabe 03)


Ein Appell an die alten Hasen

 

Bock schon tot?

 

Dies ist häufig die erste Frage, welche dem Jungjäger kurz nach Lösen des ersten Jagdscheins gestellt wird. Auch bei mir war es vor mehr als zwei Jahrzehnten nicht anders und es hat sich nach Rücksprache mit einigen frischgebackenen Jagdkursabsolventen anscheinend nicht viel geändert. Schade, denn gerade zu Beginn des Jägerlebens wäre doch die beste Gelegenheit, die richtigen Weichen zu stellen. Vollgestopft mit theoretischem Wissen benötigen Jungjäger dringend eine helfende Hand, um das Erlernte in die Praxis umsetzen zu können. Aber es geht dabei um viel mehr!

 

Direkt zu Beginn der grünen Laufbahn haben wir alten Hasen die beste Chance, neben unseren praktischen Kenntnissen auch unsere Werte, Traditionen und unsere Jagdauffassung zu teilen. Es fehlt bei den immer kürzer werdenden Ausbildungen an so vielem. Gleich zu Beginn muss es unsere Aufgabe sein, den Nachwuchs in unsere Gemeinschaft aufzunehmen und gemeinsam das Revier zu erkunden. Routinearbeiten wie zum Beispiel das Anlegen von Suhlen, das Ausbringen von Salz, die Pflege von Ansitzeinrichtungen, das Bestellen von Wildäckern, die Fangjagd, die Kitzrettung, ein Besuch beim Übungsabend der Bläsergruppe und letztendlich auch eine erste gemeinsame Jagd sind die besten Gelegenheiten, um aus Jagdscheininhabern Jäger zu machen.

 

Jagd bedeutet Handwerk und vieles, was für uns selbstverständlich geworden ist, muss dem Anfänger erst vermittelt werden. Ich sehe es nicht als Arbeit an, einen Jungjäger an die Hand zu nehmen, sondern teile mein Wissen mit Freude und ganz ehrlich: Auch ich lerne dabei noch Dinge hinzu, welche sich im Laufe der Jahre geändert haben, jedoch an mir vorbeigegangen sind. Wer so mit seinem Nachwuchs umgeht, darf anschließend gern die Frage stellen:

 

Bock schon tot?

 

Waidmannsheil



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