Wichtige Erkrankungen des Rehwildes
Für Jäger gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, das selbst erlegte Wildbret auf verschiedene Art und Weise zuzubereiten. Die Voraussetzung dafür ist selbstverständlich, dass das Stück vor sowie nach dem Erlegen im Hinblick auf Krankheiten für den Erleger vollkommen unauffällig war. In den meisten Fällen trifft dies glücklicherweise zu, es gibt jedoch auch immer mal wieder Ausnahmen mit Tieren, die Krankheitsanzeichen aufweisen. Einige dieser Krankheitserreger und deren Anzeichen, die vor allem beim Rehwild gehäuft festgestellt werden oder die besonders wichtig sind, möchte ich euch in diesem Artikel näher erläutern.
Parasiten - Ektoparasiten
Wir beginnen mit wichtigen Ektoparasiten, die die Rehe von außen befallen und die auf ihnen parasitieren. Relevant sind hier vordergründig Zecken und Haarlinge, aber auch die Hirschlausfliegen zählen dazu. Vermutlich wird jeder Jäger, der bereits einige Stücke Rehwild erlegen konnte, diese Ektoparasiten schon einmal entdeckt haben. Es ist auch durchaus normal, dass eine gewisse Anzahl an Ektoparasiten auf den Stücken parasitiert. Entscheidend ist hier das Ausmaß des Befalls. Tiere, die stark geschwächt sind oder an einer anderen grundlegenden Erkrankung leiden, weisen in den meisten Fällen einen sehr starken Parasitenbefall auf, der über das normale Maß hinausgeht. Dies sollte also als Indiz genommen werden, das Stück ganz besonders gründlich auf Veränderungen hin zu untersuchen. Auch Haut- und Rachendassellarven sind bei Rehen unbedingt erwähnenswert. Die adulten Dasselfliegen leben außerhalb des Wirtes. Die Larvenstadien der Rachendasselfliegen entwickeln sich im Nasen-Rachenraum, wohingegen diejenigen der Hautdasselfliegen sich in der bindegewebigen Unterhaut der Wirtstiere und dort vor allem im Rückenbereich entwickeln. Ein Hautdassellarven-Befall tritt beim Rehwild vor allem in den Wintermonaten auf und ist durch die typischen Atemlöcher in der Decke gekennzeichnet. Zwischen März und April verlassen die Hautdassellarven dann ihr Wirtstier, um sich im Boden weiter zu entwickeln. Ein geringgradiger Hautdassellarven-Befall mit jüngeren Dassellarven kann unbedenklich sein, sofern keine blutig-sulzigen Veränderungen vorliegen und die Dasseln zu keinen Veränderungen am Wildbret geführt haben.
Parasiten - Endoparasiten
Zu den Endoparasiten zählen die Arten, die innerhalb des Tieres leben und dort parasitieren. Auch hier gibt es eine Vielzahl an Arten, die beim Rehwild vorkommen können. Zu den häufigeren zählen unter anderem die Magen-Darm-Würmer, die Filarien, Lungenwürmer und der Befall mit Leberegeln. Entsprechend des Ektoparasiten-Befalls trifft auch auf Endoparasiten zu, dass ein geringgradiger Befall ohne Entzündungsanzeichen durchaus normal ist. Diese Art von Parasiten sind weit verbreitet und sollten bei gesunden Stücken nur in geringem Maße und ohne Entzündungsanzeichen vorhanden sein. Ein leichter Befall mit Magen-Darm-Würmern wird beim Aufbrechen vermutlich nicht einmal auffällig werden, weil ein geringgradiger Befall erst nach Eröffnen des Darmtraktes erkennbar wäre. Ein stärkerer Befall führt zu Entzündungsanzeichen des Darmtraktes mit rötlicher
Verfärbung sowie damit meist einhergehendem Durchfall. Die kotverschmutzten Hinterläufe sind bereits in der Lebendbeschau erkennbar und die Darmentzündung lässt sich bei der Untersuchung der Organe durch die rötliche, entzündliche Verfärbung eindeutig feststellen. Solche Veränderungen gelten als bedenkliche Merkmale und müssen vor dem menschlichen Verzehr einer amtlichen Fleischbeschau zugeführt werden, wenn sie nicht gleich unschädlich beseitigt werden. Es ist bei ungewöhnlich starkem Parasitenbefall durchaus möglich, dass zu dem parasitären Befall zusätzlich eine bakterielle oder virale Infektion vorliegt, die das Tier geschwächt hat und es den Parasiten dadurch erst ermöglicht hat, sich derart stark zu vermehren. Solche Tiere sind dann zudem meistens deutlich abgekommen. Ebenso ist der Befall mit Lungenwürmern und Leberegeln ein häufiger Nebenbefund. Sofern nur das jeweilige Organ parasitenbedingte Veränderungen aufweist und keine bedenklichen Merkmale, ist dies unschädlich zu beseitigen und nicht zum menschlichen Verzehr geeignet, das Wildbret allerdings schon.
Viruserkrankungen
Neben den parasitären Erregern gibt es auch nennenswerte Viruserkrankungen, die unsere Wildwiederkäuer befallen können und davon möchte ich euch die Blauzungenkrankheit einmal näher vorstellen, da diese anzeigepflichtig ist. Für Menschen ist das Blauzungenvirus nicht gefährlich und es handelt sich demnach um keine Zoonose. Diese Viruserkrankung kann jedoch unsere wiederkäuenden Wildarten betreffen. Diese stecken sich nach einem Stich durch blutsaugende Mücken besonderer Arten an, die das Virus in sich tragen und es mit dem Stich übertragen können.
Der Name des Virus nimmt Bezug auf eine mögliche Verfärbung der Zunge, diese tritt allerdings nur selten auf. In der Lebendbeschau kann das betroffene Stück mit einem gestörten Allgemeinbefinden auffällig werden und es kann zu Anschwellungen des Leckers und der umgebenden Schleimhäute kommen. Auch stärkerer Speichelfluss und eine deutliche Schaumbildung vor dem Äser sowie Entzündungen im Bereich der Schalen, was zu einem gestörten Bewegungsablauf führen kann, zählen zu den möglichen Krankheitsanzeichen. Die auftretenden Krankheitssymptome ähneln somit den Veränderungen, die bei der Maul- und Klauenseuche auftreten können.
Bakterielle Erkrankungen
Abschließend sind noch die bakteriellen Erreger erwähnenswert, von denen eine große Bandbreite beim Rehwild vorkommen kann. Es ist jedoch rein vom Betrachten der veränderten Organe her in der Regel nicht möglich, eindeutig festzulegen, welcher Erreger für vorliegende Veränderungen verantwortlich ist. Zur sicheren Diagnosestellung müssten solche Tiere in entsprechenden Laboren weitergehend untersucht werden. Eine Ausnahme bildet hier die Knochenform der Strahlenpilzerkrankung, die beim Reh durchaus vorkommen kann und am häufigsten im Bereich des Unterkieferknochens auftritt.
Zu den typischen Veränderungen beim Rehwild mit bakterieller Beteiligung, die in der Praxis häufig vorzufinden sind, zählen vorhandene Abszesse. Diese entstehen beispielsweise durch ältere Verletzungen. Die Abszesse können abgekapselt in der Muskulatur vorliegen, es können jedoch auch die Organe eitrige Entzündungsherde aufweisen. Insbesondere bei älteren Verklebungen und Verwachsungen von Organen mit dem Brust- oder Bauchfell ist das Vorhandensein von Eiter durchaus möglich.
Eine weitere Auffälligkeit, die bei Rehwild in der Praxis leider häufiger auftritt, sind alte, offene Laufverletzungen, beispielsweise durch Verkehrsunfälle. Auch hier besteht die Gefahr einer bakteriellen Infektion. Eröffnete Wunden können dazu führen, dass Erreger aus der Umgebung über den Blutkreislauf im Tierkörper verteilt werden. Zu guter Letzt sollte, wie zuvor bereits angesprochen, auch bei deutlich abgemagerten Tieren, die einen starken Parasitenbefall aufweisen, an eine mögliche zugrundeliegende bakterielle Infektion gedacht werden, die zur Schwächung des Tieres und den Begleiterscheinungen geführt hat. Um dies sicher feststellen zu können, müsste das Tier, wie zuvor bereits erwähnt, in einem Diagnostiklabor weitergehend untersucht werden.
Weitere Informationen
Ich hoffe, dass euch dieser Artikel einen Überblick über bedeutende Krankheiten beim Rehwild liefern konnte. Auf meiner Website unter www.wildkrankheiten-a-z.de könnt ihr euch einen Rehwild-Krankheitsleitfaden mit weiteren Krankheitsfotos und entsprechenden Erläuterungen bei Newsletter Anmeldung direkt herunterladen. Weitere spannende Wildkrankheitsinfos gibt es auch in meinem Instagram-Account unter @wildkrankheiten_a_z.
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